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Museumsbesuche mit Kleinkindern…ah nee, doch nicht…

Im Berliner Hamburger Bahnhof gab es wieder eine neue Ausstellung, die ich unbedingt sehen wollte. Und zwar mit Lichtskulpturen. Also traf ich mich mit einer Ärztin, die zuvor ihr Interesse an moderner Kunst und vor allem auch an der aktuellen Ausstellung kund getan hatte. Kaum waren wir in dem wegen der Lichtkegel abgedunkelten Raum, ging der übliche Vortrag los: „Also, jetzt mal ehrlich – das ist doch keine Kunst! Das kann doch jeder!“ Seufz. – Sehr lang und sehr ausgiebig. Während ich den höchsten Spaß hatte, in den „Skulpturen“ herumzulaufen, zu beobachten, wie sie sich bewegten und veränderten, konnte sie ihr Gemecker partout nicht einstellen. Andere Ausstellungsbesucher legten sich auf den Teppichboden, um meditativ in die Lichter und deren Quellen an der Decke zu blicken – ich hatte das Gezeter im Ohr und versuchte, die Frau Doktor abzulenken, indem ich meiner Freude über die Lichtkegel und den darin beleuchteten Nebel Ausdruck verlieh und immer wieder glücklich vor mich hin gluckste: „Ich habe das Gefühl, ich laufe gleich gegen eine Wand!“ (vielleicht wäre ich in der Kinderbetreuung gar nicht so schlecht, wie ich denke)

Danach ging es zu Cy Twombly, abstrakter Expressionist, und bei meiner Begleiterin brannten die Sicherungen durch: „Also sag‘ mal…!“ Weiter kam sie nicht, da sie nach Luft schnappen musste. Ich Vortrag über Kritzelbilder, Jean Dubuffet und Art Brut, von Künstlern, die mit Traditionen brechen wollten bla bla… davon, wer bestimmt, was Kunst ist. „Aber das kann ich doch auch machen!“ Tja. Nö, nicht wirklich, weil Cy Twombly hat’s vorher gemacht. Und zwar seit den 1940ern. Und ich glaube auch nicht, dass sie die Eier hätte, so etwas als Kunst zu verkaufen. Besagte Bekannte ist nämlich höhere Tochter, Perlohrringe und Mokassins schreien so laut „München“, dass sich der gemeine Berliner die Ohren zuhalten muss und natürlich haben die Eltern ein Häuschen direkt am Englischen Garten. Stellt sich nur die Frage, warum die Dame in Ausstellungen moderner Kunst geht, ist es doch nicht wirklich überraschend, dass dort etwas ungewöhnlichere Sachen rumstehen. Da drängt sich in mir doch glatt der Verdacht auf, dass man das in gewissen Kreisen „eben so macht“. Dass das als höhere Tochter Verpflichtung ist, um als interessiert und kultiviert zu gelten – so einige von diesen komischen Kunsthistorikern sagen ja, dass das wichtig und eine große Leistung sei, also muss man es sich auch ansehen, möchte man dazugehören und Ahnung haben.

Als wir bei Beuys angelangt waren und zwischen seinen herumliegenden Basaltblöcken standen, gab es nur noch Kopfschütteln. Die monströsen Fettecken (ja, das ist echtes Tierfett!) halfen natürlich auch nicht gerade. Wenn ich mich recht erinnere, hat Beuys mit diesem Fett einen toten Raum unter einer Straßenbrücke ausgefüllt und wollte dadurch auf diesen Missstand aufmerksam machen. Klar ist es schwierig, die Kunst der Moderne/Gegenwartskunst zu verstehen, man kann auch nicht alles zu jedem Kunstwerk immer nachlesen (zumindest nicht bei einem so riesigen Museum wie dem Hamburger Bahnhof). Aber einfache Bauernregel: Die traditionelle Kunst hat sich mit Religion und Mythologie beschäftigt, die moderne Kunst mit Philosophie und Problemen der Gegenwart. Ich finde diese Kunstrichtungen ungeheuer inspirierend und überlege mir gerne, was sich der Künstler damit wohl gedacht hat oder womit ich selbst das zu Betrachtende assoziiere.

Zum krönenden Abschluss sagte die Ärztin, dass sie das alles nicht verstehe, aber Monet und Manet gern habe. Bei diesem Satz (nichts gegen M&M, aber ich habe das jetzt einmal zu oft gehört!) nahm ich mir vor, dem nächsten, der das zu mir sagt, eine Ohrfeige zu verpassen. Und es kann niemand sagen, ich hätte ihn nicht gewarnt.

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4 Kommentare zu “Museumsbesuche mit Kleinkindern…ah nee, doch nicht…

  1. I feel your pain.

  2. Ich würde das jetzt gerne faven, liken oder zumindest plussen, aber das geht hier wohl nicht…

  3. „Bei diesem Satz […] nahm ich mir vor, dem nächsten, der das zu mir sagt, eine Ohrfeige zu verpassen.“

    …und wenn gefragt wird „Warum?“, gleich noch eine. 😀

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