Das hat natürlich niemand zu mir gesagt – also heisse ich mich selbst willkommen. Eigentlich hätten wir schon vor Weihnachten nach Kanada ziehen sollen, aber dann mussten wir immer neue Unterlagen beschaffen und dann hiess es, dass im November und Dezember nur Visa für Ukrainer*innen bearbeitet werden, was natürlich vollkommen richtig war. Als dann endlich der große Tag da war, klappte alles gut mit der Fahrt zum Frankfurter Flughafen – es war ein Sonntagmorgen – also noch keine größeren Verspätungen und nicht so viel los. Die Halle, von der wir abfliegen sollten, war allerdings ziemlich klein und die Menschen standen ziemlich gequetscht vor dem Gate. Unsere Pässe und Bordkarten waren beim Security Check von Bundespolizei und Airline geprüft worden, aber plötzlich hieß es, dass sich alle für den Flug nach Vancouver in eine Reihe stellen sollen, weil noch einmal die Unterlagen gecheckt würden, auch die der Kanadier*innen. Ich fand das ziemlich seltsam – wie oft sollen denn die Dokumente angesehen werden? Die Bordkarten würden ja sowieso erneut beim Einsteigen ins Flugzeug geprüft werden. Mir war auch nicht klar, ob die sehr forsche Dame, die nun die Federführung übernahm, Angestellte der kanadischen Regierung oder der Fluglinie war (Eurowings Discover – es gibt pro Tag nur einen Direktflug von Frankfurt nach Vancouver. Air Canada, Lufthansa und deren Tochtergesellschaft Eurowings Discover wechseln sich ab).
Die Dame sah sich die eTA-Erklärungen (Electronic Travel Authorization) an, die ebenfalls im Vorfeld digital beantragt, genehmigt und bezahlt werden müssen. Und plötzlich fing sie an, einen Riesenterz zu veranstalten, weil wir kein Rückflugticket hatten. Nun war das genau so geplant: Da sich das mit den Visa so verzögert hatte, sollten wir uns direkt bei der Ankunft in Vancouver eine Arbeitserlaubnis/Visum erteilen lassen. Mein Freund hatte einen gültigen Arbeitsvertrag, ich bin sein Common-law partner und wir hatten einen Ordner voll mit Unterlagen und notariellen Beglaubigungen. Es hatte uns extra eine Firma zur Seite gestanden, die uns im Vorfeld beraten hatte und wir waren im Besitz einer Telefonnummer eines Anwalts für den Notfall. Die Dame wollte uns trotzdem partout nicht ins Flugzeug lassen, was sie mir – in perfektem Deutsch – immer wieder erklärte. Ich antwortete ihr immer auf Englisch, weil es sonst mein Freund nicht gänzlich verstanden hätte und erklärte den Sachverhalt mit Arbeitsvertrag, den beglaubigten Dokumenten und der Beratungsfirma. Andere Angestellte von der Fluggesellschaft fingen schließlich auch noch an, sich auf Deutsch einzumischen: “Was – die wollen sich jetzt einen Anwalt suchen?” Worauf ich entgegnete, dass wir vom zukünftigen Arbeitgeber meines Freundes die Telefonnummer eines Anwalts bekommen hatten, falls etwas schiefgehen sollte. Zwischendurch hatte die Oberchefin flüchtig auf unsere Unterlagen geguckt und ihr war wohl aufgegangen, dass das mit unseren Papieren doch stimmen könnte und sie zeichnete – ohne ein weiteres Wort – ihr Kürzel auf unsere Bordkarten und die Sache war erledigt. Warum nicht gleich so?
Man muss zu dieser ganzen Geschichte wissen, dass ich genau darauf vorbereitet war: 2018 fuhr ich mit meinem damaligen Freund mit dem Zug von Seattle nach Vancouver, weil die Strecke an der Küste entlang läuft und daher sehr hübsch ist. An der Grenze angekommen, wurden wir von den Beamten herausgezogen und verhört, währenddessen man in unserer Schmutzwäsche im Koffer herumwühlte. Es kamen immer wieder die gleichen Fragen, was wir in Kanada wollten und wie lange wir bleiben würden, immer wieder von vorne…eine sehr unschöne Erfahrung – aber immerhin war ich bestens auf den Auftritt der kanadischen Dame in Frankfurt vorbereitet.
Ja, die kanadische Grenze ist teilweise stressiger als die USA… da habe ich auch schon einiges erlebt 🙂 Herzlich willkommen!
Danke! Mittlerweile habe ich es schon oefter gehoert – sogar Kanadier*innen berichten davon auf youtube und ich hatte gedacht, wenigstens sie blieben davon verschont.