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What Ever Happened to Moabit?

Durch MoabitOnline bin ich auf diesen Beitrag des SFB von 1964 über die Turmstraße gestoßen und war ziemlich verblüfft: Die Straße und damit der ganze Ortsteil waren ja so viel mehr als eine Ansammlung von 1-Euro-Läden, Selbstbedienungsbackshops und Dönerbuden. Was ist bloß geschehen?

Aber erst mal ein paar Beispiele: Zum einen sind da die Moabiter Kinos, die ab den 1960ern verschwanden. Heute existiert kein einziges „richtiges“ Kino mehr, nur in der Kulturfabrik Moabit werden Filme gezeigt. Worüber ich zufällig gestolpert bin: In einer der häßlichsten Discounterfilialen, die ich jemals sah, gab es früher ein Kino! Fotos und eine kurze Beschreibung gibt es hier.

Etwas ganz besonderes war das Hansatheater, in dem viele Stars wie zum Beispiel Marlene Dietrich und Heinz Erhardt auftraten. Heute wird es von einem Trödler benutzt, der dort Möbel unterstellt. Verschiedene Pläne, das Theater aus dem Jahr 1888 wieder zu beleben, scheiterten. Letztes Jahr gab es Gerüchte, das Gebäude werde abgerissen, um Luxuswohnungen oder teure Studentenwohnungen zu bauen – bis heute ist das zum Glück nicht passiert. Allerdings weiß niemand, wie lange das noch so bleibt.

Hansatheater

Foto: Peggy März, http://perele.net/

Ein weiterer Verlust für Moabit war die Schließung des Krankenhauses im Jahr 2001. Zuvor waren sogar einige Mitarbeiter der Klinik in einen Hungerstreik getreten, um dies abzuwenden. Heute sind auf dem Gelände private Einrichtungen aus dem Gesundheitsbereich und die Abteilung Forensische Genetik des Instituts der Rechtsmedizin der Charité untergebracht.

Auch das Freibad im Poststadion wurde 2002 geschlossen. Pläne, wieder ein Schwimmbad an gleicher Stelle zu bauen, scheiterten. Gleich nebenan gibt es jetzt ein selbst ernanntes „Premium Spa“, dessen Eintrittspreise natürlich auch premium sind. Hier ein Foto aus dem Jahr 2012, bevor das Schwimmbad endgültig platt gemacht wurde.

schwimmbadUnd was ist nun mit Moabit passiert? Ich kann es mir nur so erklären, dass die Infrastruktur langsam wegbrach, die einen Stadtteil attraktiv macht und deshalb die Menschen in andere Stadtviertel zogen, was auch der Einzelhandel zu spüren bekam. Dabei entscheidend war wohl ebenfalls die größere Attraktivität des Ku’damms und die isolierte Situation Moabits zu DDR-Zeiten (den genauen Verlauf der Mauer kann man auf dieser Karte gut nachvollziehen). Es macht traurig, wenn man sich vor Augen führt, welche Schätze hier verkommen. Vielleicht war es um Moabit aber nie so rosig bestellt, wie es in dem Fernsehbeitrag dargestellt wird, da es seit dem 19. Jahrhundert ein Arbeiterwohnviertel war, wie man an den vielen, noch erhaltenen, Industrieanlagen sehen kann.

 

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Die rote Telefonzelle

Vor kurzem fiel mir vor dem Bürgeramt diese Telefonzelle auf. In ihrem Inneren hängen einige Zettel und undefinierbare Gegenstände:

Nachdem ich zuhause den Slogan „Lieber Laden voll als Laden leer“ gegoogelt hatte, erfuhr ich, dass dahinter eine Aktion steckt, die vom Quartiersmanagement Moabit West gefördert wurde. Ziel war es, Inhaber leer stehender Gewerbeimmobilien dazu zu bringen, ihre Läden durch Moabiter Künstler gestalten zu lassen. Sogar die Stromkosten wollte das Quartiersmanagement übernehmen. Die leer stehenden Immobilien wären auf diese Weise als Kunsträume genutzt worden, wodurch man auf den Leerstand aufmerksam machen und die Chancen für eine Vermietung hätte erhöhen können – so zumindest die Vorstellung des Quartiersmanagements. Leider waren die Reaktionen bei den Eigentümern nicht ganz so positiv, wie man angenommen hatte, was in der Telefonzelle dokumentiert wird.

Das Qartiersmanagement war bei dem Projekt von 30 leer stehenden Läden in Moabit West ausgegangen, von denen lediglich neun an der Aktion teilnahmen. Wobei ich die Zahl 30 für sehr optimistisch halte: Ich bin diese Woche mal die Gotzkowskystraße entlang gegangen und zählte allein in der knapp 600 Meter langen Straße elf leer stehende Läden, Restaurants und Kneipen.

Später fand ich heraus, dass die Telefonzelle dort anscheinend schon ein paar Jahre steht, mir bisher nur nicht aufgefallen ist. In Berlin gibt es sieben solcher Telefonzellen, die Geschenke der Alliierten oder britischer Partnerstädte waren. Eine am Tempelhofer Damm wurde mittlerweile abgebaut, weil der zuständige Bezirk die Reparaturkosten, die durch Vandalismus an den Telefonzellen immer wieder entstehen, nicht mehr tragen wollte.

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Wandern mit Huskies

Eigentlich mag ich Wandern nicht besonders, aber mit einem Hund ist das natürlich eine ganz andere Sache. Über www.freizeit-mit-huskies.de kann man in der Nähe Neuruppins mit siberischen Huskies wandern und im Winter auch Schlitten fahren. Nach einer Vorstellung des Rudels bekommt jeder Teilnehmer nach Größe und Statur einen Hund zugewiesen, der ihm quasi um den Bauch gebunden wird.

Dann geht es los: Zwölf Kilometer laufen wir durch ein sehr schönes Naturreservat und leiten die Huskies mit Befehlen wie „weiter“, „links“, „rechts“ oder „halt“, da es für sie wie ein Training für eine Schlittentour sein soll. Die Hunde hören nicht immer gleich beim ersten Mal, aber doch sehr gut dafür, dass wir Fremde sind. Zwischendurch werden immer kleinere Stopps eingelegt, um die Gruppe, rund 15 Teilnehmer, wieder zu sammeln, da jeder in seiner eigenen Geschwindigkeit läuft.

Ein Husky kann ungefähr das acht- bis neunfache seines Gewichts ziehen und besitzt daher viel Kraft, passt sich aber der Geschwindigkeit des Menschen gut an. Der Vorteil dieser Art des Wanderns ist, dass man durch den Hund aufrechter läuft und in meinem Fall auch viel schneller, was ich am enormen Muskelkater merke, den ich am nächsten Tag habe.

Bei der Wanderung gibt es auch eine größere Pause inklusive einer sehr leckeren Brotzeit bestehend aus Wurst, Käse, Brot, Obst und Gemüse. Mit Wasser wurden wir ebenfalls versorgt und einmal machten wir auch Halt, um frisches kühles Wasser aus einer Quelle zu trinken. Als wir zurückkamen, bekamen die Hunde erstmal einen Napf mit Brühe und der Halter erzählte uns noch ein bisschen was über das Wesen der Huskies.

Schließlich gab es für uns nochmal eine kleine Stärkung und jeder bekam ein Foto „seines“ Hundes geschenkt.

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Lisboa

„Quem não viu Lisboa, não viu coisa boa“ (António Nobre)
(Wer Lissabon nicht gesehen hat, der hat nichts Schönes gesehen)

Zu genau dieser Ansicht war ich 2006 gelangt, als ich zum ersten Mal Lissabon besucht hatte. Also wurde es langsam Zeit, noch einmal dort hinzufahren. In der Alfama, dem ältesten Viertel Lissabons, hatte ich eine Ferienwohnung gebucht – ohne zu ahnen, dass wir damit auch Teil des Problems waren: Es scheint nämlich, als würden dort überhaupt keine Einheimischen mehr wohnen. Schon im März stapfen Horden von Touristen mit H&M-Tüten durch die engen Gassen oder quetschen sich in die berühmte Eléctrico 28. Als ich das Viertel zum ersten Mal besucht hatte, war das – meiner Meinung nach – noch nicht der Fall gewesen. Aber was beschwere ich mich, ich bin ja schließlich auch Touristin.

Alfama

Eine Ferienwohnung hatte ich gebucht, weil die erschwinglichen Hotels Lissabons einen 80er-Jahre-Blümchentagesdecken-Charme inne haben, den ich als zu deprimierend empfand und die Alfama außerdem einen herrlichen Blick auf den Tejo bietet. Auch das mit dem Essen gestaltet sich in einer Ferienwohnung wesentlich einfacher – irgendwann hatte ich die Salat-Pommes-Diät satt. Wenigstens reisten wir mit Taschen ohne Rollen – im Gegensatz zu den reizenden Berlintouristen, die teilweise um 4 Uhr morgens mit ihren Rollkoffern durch meinen Hof poltern. Vielleicht werde ich beim nächsten Lissabonaufenthalt wieder das Hostel in Catalazete buchen (das letzte Mal besuchte ich einen Sprachkurs und übernachtete die eine Hälfte des Urlaubs bei einer Gastmutter, die andere im Hostel): Das liegt zwar ein wenig außerhalb Lissabons, dafür aber direkt am Tejo.

Ein weiterer Unterschied, der mir aufgefallen ist: Jetzt gibt es in der Alfama viele Läden mit Touristenkitsch sowie gewölbeartige Fado-Bars mit Konzertflügel (Klaviermusik bei Fado?) und München-Preisen – fertig ist das Lissabon, das ich nicht erleben möchte. Aber welche Alternative gibt es? Nicht mehr hinfahren?

Es waren so viele Touristen, dass man teilweise keinen Platz mehr in der Straßenbahn bekam, die nach Belém fährt. Dieser Stadtteil ist so beliebt, weil dort Sehenswürdigkeiten wie das Kloster „Mosteiro dos Jerónimos“ und der „Torre de Belém“ stehen. Auch eines meiner Lieblingsmuseen, das Museu Coleção Berardo, findet man gleich nebenan (freier Eintritt!). 2006 war hier Angela Bullochs Installation „The Disenchanted Forest x 1001“ ausgestellt – für mich eine der besten Arbeiten der Gegenwartskunst. Ein Foto wird einer Installation leider nicht wirklich gerecht, weil man weder die Dimensionen, noch den Wechsel des Lichts erkennen kann und der Sound fehlt. Angela Bulloch hat es mit ihren Installationen übrigens auch in den Deutschen Bundestag geschafft; allerdings sind diese nicht so spektakulär wie der Disenchanted Forest.

Ein weiteres Highlight Lissabons ist das Oceanário, ein riesiges Aquarium, in dem ein sehr anmutiger Mantarochen seine Kreise zieht. Ich weiß nicht, ob man Mantas und andere Fische einsperren sollte, aber da dieser Besuch dazu geführt hat, dass ich keine Tiere mehr esse, hat es einen guten Zweck erfüllt.

Ansonsten empfehle ich für Lissabon natürlich eine Stadtrundfahrt mit dem Boot auf dem Tejo, was im März noch nicht möglich ist – die Saison beginnt erst im April. Wegen des Wetters sollte man vorher sowieso nicht hinfahren, da es noch viel regnen und auch ziemlich kühl sein kann. Aber den kathedralenähnlichen Wasserspeicher „Mãe d’Água das Amoreiras“ kann man bei jedem Wetter besuchen; er ist so schön, dass man ihn wirklich nicht verpassen sollte. Ansonsten macht es einfach Spaß, zu Fuß durch die Gassen zu schlendern oder die Eléctrico zu nehmen und mit einer manchmal ganz erstaunlichen Geschwindigkeit durch die Straßen zu rumpeln.

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Überraschung!!!

Zufällig traf ich meine Vermieterin auf dem Ku’damm und sie meinte, wie praktisch das sei, weil sie mir sowieso etwas zu sagen hätte. Und jetzt festhalten: Ich kann in meiner Wohnung bleiben! Offensichtlich ist das mit dem Eigenbedarf für ihren Sohn plötzlich nicht mehr so dringlich, wie sie es in ihrer Kündigung dargestellt hatte.

Wenn man sich nun vorstellt, ich wäre ohne zu widersprechen ausgezogen! Dann hätte ich letzten Montag einen anstrengenden unfreiwilligen Umzug hinter mich gebracht, den mir niemand bezahlt hätte.

Ich habe mich natürlich auch gleich gefragt, wo der Haken ist. Der kommt jetzt: Sie wollen nämlich nicht nur im Vorderhaus einen Aufzug einbauen, sondern auch bei mir im Hinterhaus. Außerdem soll der Dachboden ausgebaut werden und dafür ein Gerüst vor die Fenster kommen. Ich musste gleich an die Geschichte mit dem zugemauerten Küchenfenster denken (die Mieterin hat in zweiter Instanz übrigens verloren). Aber da noch überhaupt nicht feststeht, wann mit dem Umbau begonnen werden soll, habe ich Zeit gewonnen und kann mir alles rund ums Thema „Modernisierung“ aneignen…

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Unerwünscht

Anfangen hat alles im letzten Jahr mit einer Nachricht auf meiner Mailbox. Eine fröhlich-dynamische Stimme teilte mir folgendes mit: „Hallo, hier spricht Berlinmaegleren, wir sind mit dem Verkauf Ihrer Wohnung beauftragt – das hat Ihnen die Hausverwaltung ja sicher mitgeteilt!“ Natürlich hatte mir die Hausverwaltung gar nichts mitgeteilt und ich fiel aus allen Wolken. Außerdem war ich ziemlich sauer, dass die Hausverwaltung meine Handynummer – ohne mich zu fragen – an irgendwelche Immobilienfirmen weitergibt. Jedenfalls wurde mir dann ein Brief zugestellt, indem ich noch einmal über die Verkaufsabsicht informiert wurde und mir angeboten wurde, die Wohnung (2 Zimmer, 49,99 qm) für 99.000 Euro zu kaufen oder eine Mietaufhebungsvereinbarung zu unterzeichnen, die mit einer Entschädigung in Höhe von 4.990 Euro verbunden sein würde.

Hausflur Gotzkowskystr. 14

Allerdings war ich erst im März 2011 eingezogen und bei der Besichtigung sowie späterer Vertragsunterzeichnung hatte man kein Wort darüber verloren, dass man diese frisch sanierte Wohnung schon bald wieder veräußern wollen würde. Ich trat sofort in den Mieterverein ein und ließ mir eine Mietaufhebungsvereinbarung zur Prüfung zuschicken. Der Rechtsanwalt beim Mieterverein versicherte mir, dass ich nicht ausziehen müsste, wenn ich nicht wollte. Da ich gerade erneut aus Bayern zurück nach Berlin gezogen war, unterzeichnete ich diese Vereinbarung also nicht.

Im Anschluss folgten ein paar Besichtigungen mit einem jungen Makler, der Kaufinteressenten durch meine und andere Wohnungen im Haus und im Seitenflügel führte. Ich konnte auch hören, wie er im Hof den Interessenten erzählte, dass Mieter in Deutschland wahnsinnig viele Rechte hätten. Auf die konstruktiven Vorschläge der Kaufinteressenten, uns Mieter mittels Mieterhöhung aus dem Haus zu bekommen, erwiderte er, dass diese nicht durchführbar wären, da ihnen sonst „der Mieterverein aufs Dach steigen würde“.

Ungefähr sechs Monate später bekam ich ein zweites Angebot – dieses Mal sollte die Entschädigung 7.498,50 Euro betragen. Aber eigentlich wollte ich immer noch nicht umziehen. Jetzt wurde der junge Makler von einer etwas älteren Maklerin abgelöst, die erst kurz durch meine Wohnung lief, um die Qualitäten bei den Kaufinteressenten anpreisen zu können. Allerdings reichte es nur für „schöne hohe Wände“, da bei mir nicht mal die Dielen erhalten sind, sondern ein billiger Teppichboden auf den Pressspanuntergrund geworfen wurde. Anscheinend wollte niemand die Wohnung kaufen, obwohl zwei Interessenten dabei waren, die geäußert hatten, dass sie die Wohnung als Geldanlage kaufen wollten und ich „erst mal“ drin bleiben könnte.

Hausflur Gotzkowskystr. 14Eine Weile später bekam ich einen Anruf von Berlinmaegleren, dass die Wohnung „intern“ – von der Maklerin, die erst vor Kurzem Kaufinteressenten durch die Wohnung geführt hatte, gekauft werden würde. Ein Besichtigungstermin wurde vereinbart, zu dem die Maklerin in Begleitung einer anderen Dame, wahrscheinlich einer Arbeitskollegin, erschien. Dabei fragte sie überhaupt nicht nach den Mängeln der Wohnung, bemerkte so zum Beispiel gar nicht, dass im Schlafzimmer ein uraltes Fenster, und nicht wie in den anderen Räumen ein neues Kunststofffenster vorhanden ist. Auch erkundigte sie sich nicht nach meinem Beruf oder ähnlichem. Die einzige Frage war, ob ich mich in der Wohnung wohlfühlen würde, was ich bejahte. Sie erzählte mir und ihrer Begleitung noch, dass im Vorderhaus jetzt ein Aufzug gebaut würde, weil „Käufer das so haben wollen“.

Ende März dieses Jahres erhielt ich die Kündigung wegen Eigenbedarfs zum 30.06.2014. Der 19-jährige, in Ausbildung befindliche, Sohn der Maklerin wolle in die Wohnung einziehen. Dazu muss man wissen, dass zur gleichen Zeit, als sie meine Wohnung kaufte, auch leer stehende Wohnungen im Seitenflügel zum Verkauf angeboten wurden. Auch im vierten Stock meines Hauses war zum 1.7.2014 eine Wohnung der gleichen Größe von Berlinmaegleren verkauft worden. In ihrem Kündigungsschreiben führt sie weiter aus, dass ich ja die Mietwohnung ihres Sohnes in der Droysenstraße übernehmen könne. Das ist kein Altbau wie meine jetzige Wohnung, sondern ein Haus aus den sechziger Jahren, das einen sehr vergammelten Eindruck macht – zum Beispiel hängen dort kaputte Jalousien in den Fenstern und der Lack blättert von den Fensterrahmen ab. Außerdem wäre das eine 1-Zimmer-Wohnung, von der ich gar nicht weiß, was sie kostet. Und es ist ja auch gar nicht gesagt, dass diese Vermieter mich als Mieterin akzeptieren würden, da ich wieder Studentin bin.

Mit dem Mieterverein habe ich nun Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung eingelegt und muss sehen, was als nächstes passiert.

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Auf dem Weg nach Lissabon

Nachdem ich zum ersten Mal Porto besucht hatte, wollte ich auf dem Weg nach Lissabon auch ein paar kleinere Orte kennen lernen. Als erstes fuhren wir nach Aveiro, dem „Venedig Portugals“. Da ich dort kein hübsches Hotel gefunden hatte, hatte ich in einem nahe gelegenen Dorf eine kleine Pension angeschrieben, aber nie eine Antwort erhalten. Aber im März würde schon nicht alles ausgebucht sein, deswegen machten wir uns trotzdem auf den Weg dorthin. Nun muss man wissen, dass ich zum Mietwagen kein Navi dazugebucht hatte, was dazu führte, dass ich die immer gleichen Straßen in einem portugiesischen Dorf auf- und abfuhr, bei Sichtung eines Menschen abrupt irgendwo mitten auf der Straße anhielt, aus dem Auto sprang und nach dem Weg fragte.

Villa Washington

Das war nicht besonders effizient, erwies sich aber als ausgezeichnete Sprachübung. Die Pension haben wir auf diese Weise schließlich auch gefunden, sie sah toll aus, aber trotz bellendem Hund, drei Katzen und einem offen stehenden Fenster im ersten Stock war dort einfach niemand anzutreffen. Also fuhren wir nach Aveiro zurück und übernachteten in dem kubusartigen 4-Sterne-Spa-Hotel, das ich eigentlich vermeiden wollte, aber wir hatten einfach keine Lust weiterzusuchen. Ich muss zugeben, dass mich diese Architektur irgendwie fasziniert – allerdings muss ich beim Betrachten des Gebäudes immer an die Borg und den Satz „Sie werden assimiliert werden!“ denken.

Hotel in Aveiro

Man kann dieses Städtchen auslassen, auch wenn es dort ein paar hübsche alte Häuser gibt – von Motoren betriebene Gondeln braucht wirklich kein Mensch. Stattdessen einfach gleich Nazaré ansteuern, einen hübschen Fischerort an der Atlantikküste, an dessen Strand man die für Portugal typischen Felsen findet, die ich von der Algarve her kenne. Den auf einem Felsplateau gelegenen Stadtteil Sítio sollte man auf jeden Fall besuchen, da man von dort einen spektakulären Blick über den Ozean und Nazaré hat. Man erreicht ihn mit einer Bergbahn, dem Ascensor. Von dort lohnt sich ein Spaziergang zum Fort, wo man hoch über dem Meer auf Felsen herumklettern, aber auch rasten kann.

Nazaré Das ist auch der Ort, an dem Ende letzten Jahres angeblich eine Welle von 30 Metern gesichtet und die brasilianische Surferin, Maya Gabeira, fast ums Leben gekommen wäre. Da ich mir unter irgendwelchen Größen- und Höhenangaben immer wenig vorstellen kann, ist dieser Film hier ganz hilfreich, um die Dimensionen einer solchen Welle erfassen zu können. Auch die Marktleute Sítios sind kurz sehen:

Nazaré Blow Up from SURFPortugal Mag on Vimeo.

Dass Portugals Atlantikküste gefährlich ist, ist aber nichts Neues: Der österreichische Kunsthistoriker Ernst Buschbeck führte 1963 eine Reisegruppe in die am Meer gelegene Höhle namens „Boca do Inferno“ bei Cascais, die man bei Ebbe normalerweise ohne Gefahr besuchen kann. Aber an diesem Tag fand eine Welle ihren Weg in die Höhle und riss Buschbeck in den Tod. Zumindest hat Martin Warnke die Geschichte  so erzählt, als er vor Kurzem in der Freien Universität Berlin seine goldene Promotion feierte.

Nächster Stop unserer Reise war Óbidos mit Burg und vollständig erhaltener Stadtmauer aus dem 16. Jahrhundert. Da wir noch nicht ins Hotel einchecken konnten, fuhren wir erst mal nach Peniche, einem Surferort an der Küste. Das dortige Fort wurde ebenfalls im 16. Jahrhundert erbaut, wurde allerdings während der Salazar-Diktatur als Gefängnis für politische Häftlinge genutzt und beherbergt jetzt ein kleines Museum.

Natürlich hätte ich noch viele weitere Orte besuchen wollen, zum Beispiel Tomar mit seiner Tempelritterburg oder die auf Fotos so atemberaubend aussehenden Höhlen namens „Grutas da Moeda“, aber da ich noch eine Woche in Lissabon verbringen wollte, blieb dazu leider keine Zeit mehr. Das bedeutet aber nur, dass ich bald wieder nach Portugal zurückkehren muss.

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Porto

Aha. Das Bikinhaus und die Monkey Bar aus dem letzten Beitrag werden von meinen Arbeitskollegen als „schick“ bezeichnet – anscheinend verstehe ich einfach etwas anderes darunter. Schick finde ich zum Beispiel das Grande Hotel do Porto, in dem ich an meinem Geburtstag übernachtete: Dort gibt es ganz viel Plüsch, Kronleuchter, Stuck und anderen Schnickschnack – laut eigener Wikipedia-Seite ist es das älteste Hotel am Platz.

Grande Hotel do Porto

Nachdem Brussels Airlines den Hinflug überbucht hatte und wir mit KLM via Amsterdam erst um 22.45 Uhr in Porto gelandet waren, war ich überrascht, als uns im Ankunftsbereich des Flughafens eine Dame erwartete, die uns einen kostenlosen Stadtplan überreichte. In der Metro, die sich nur ein Stockwerk tiefer befindet, standen so spät auch noch zwei Mitarbeiter bereit, die uns halfen, die richtigen Fahrkarten zu kaufen. Was für ein Service!

Aber Porto ist generell eine sehr charmante Stadt, auch wenn dieser Charme manchmal etwas morbide anmutet, da viele Häuser und Geschäfte leer stehen. Architektonisch hat sie einiges zu bieten, zum Beispiel die Maria-Pia-Brücke Gustave Eiffels über den Douro, zahllose Kirchen mit und ohne die berühmten Azulejos (Fliesen) oder den Bahnhof São Bento. Wer auf Beton steht, dem sei die Casa da Música von Rem Koolhaas empfohlen. Liebhaber zeitgenössischer Kunst sind im Museum Serralves richtig – aber nicht nur sie, da zu diesem Museum auch ein riesiger Park mit Teich inklusive schwarzem Schwan und Schildkröten sowie einer Farm mit Eseln und Schafen gehört. Für das Gebäude ist Álvaro Siza Vieira verantwortlich, der in Berlin das „Bonjour Tristesse“-Haus gebaut hat. Aber genug der Häuser: Läuft man am Douro stadtauswärts gelangt man an den Atlantik, der Mitte März sehr spektakulär aussah.

Das Erkunden der Stadt ist allerdings sehr anstrengend, weil es andauernd bergauf geht, deswegen sind die vielen kleinen Cafés zum Ausruhen zu empfehlen. In einem bestellte ich bei der Dame an der Bar auf portugiesisch einen garoto, einen Espresso mit Milch – ein Name, den ich aus früheren Zeiten kannte, als ich an der Algarve wohnte. Worauf sie prompt fragte, ob ich denn einen Kaffee wolle und ich erklärte, dass ich einen kleinen Kaffee mit Milch meinte. Daraufhin mischten sich drei ältere Herren von der anderen Ecke der Bar ein und erklärten mir, dass so ein Kaffee „pingo“ hieße. Auf meinen Einwand, dass der aber an der Algarve ganz sicher „garoto“ heiße, wurde mir freundlich aber bestimmt erklärt, dass das vielleicht an der Algarve so sei, aber hier im Norden Portugals würde das eben „pingo“ genannt. Ich musste lachen und dachte, dass ein Espresso mit Milch anscheinend in jedem Dorf anders heißt. Trotzdem merke ich mir: im Norden „pingo“, im Süden „garoto“ – wo die Grenze genau ist, weiß ich allerdings auch nicht. Da ein normaler Espresso aber überall „bica“ heißt, vielleicht sicherheitshalber einfach den bestellen?